Samstag, 29. August 2009

Erste umfangreiche Infos zu ATIs RV870-Chip

Seitens des ATI-Forums gibt es neue und diesesmal schon recht umfangreiche Informationen zum ATI RV870-Grafikchip, welcher der erste Direct3D11-Grafikchip seitens ATI werden soll und für den Sommer 2009 geplant ist. Ähnliche wie auch abweichende Informationen zum RV870 gab es zwar schon hier und da, allerdings bislang noch nichts derart detailliertes (im Rahmen dessen, was man Monate vor dem Launch "detailliert" nennen kann). Folgendes hat das ATI-Forum in zusammengefasster Form zu berichten:

* ATI RV870 Verkaufsname Radeon HD 5800
* 40nm Fertigung
* Die-Größe 205 mm²
* mindestens 1000 Shader-Einheiten
* 1,5 Teraflops Rechenleistung
* 150 bis 160 GB/sec Speicherbandbreite
* wahrscheinlich wiederum Einsatz von GDDR5-Speicher
* gerüchtehalber 512 Bit DDR Speicherinterface
* 1 GB Speicher als Standard
* Stromverbrauch bei der Hälfte des Vorgängerchips
* Chips können im Multi-Chip-Modul-Verfahren zusammen auf ein Trägermaterial verbaut werden
* Direct3D11-Fähigkeit
* Tape-Out Ende 2008, angeblich schon Ende des ersten Quartals 2009 marktbereit

Zuerst ein paar kleine Erklärungen zur besseren Einordnung: Die 1,5 Teraflops Rechenleistung (Radeon HD 4870: 1,2 Teraflops) würde man bei 1000 Shader-Einheiten (Radeon HD 4870: 800) mit einem Chiptakt von 750 MHz erreichen, genauso viel wie bei der Radeon HD 4870. Die Speicherbandbreite von 150 bis 160 GB/sec (Radeon HD 4870: 115 GB/sec) kann man dagegen mit einem 256 Bit DDR Speicherinterface und auf 2400 MHz taktendem GDDR5-Speicher oder aber mit einem 512 Bit DDR Speicherinterface und auf 1200 GDDR3- oder GDDR5-Speicher erreichen. Da in letztgenanntem Fall der Speichertakt aber für GDDR3 etwas zu hoch und für GDDR5 deutlich zu niedrig liegen würde, tippen wir eher auf erstgenannte Variante.

Immer vorausgesetzt, diese Angaben stimmen, läßt sich damit schon ein ziemlich genaues Bild des RV870-Chips aka der Radeon HD 5800 Grafikkarten-Serie zeichnen. Natürlich kann derzeit niemand für diese Angaben die Hand ins Feuer legen, aber zum einen sind sie nicht unstimmig, zum anderen nicht maßlos übertrieben (wie bei vielen Spekulationen) und letztlich sind solche exakten Angaben wie die Die-Größe selten und deuten daher eher dahin, daß das ganze einen realen Hintergrund hat.

Insgesamt überrascht uns ATI etwas mit diesem RV870-Design, denn jenes deutet nicht auf einen großen Leistungssprung hin. Bei der Rechenleistung würde man mit diesem Design nur 25 Prozent über dem Wert einer Radeon HD 4870 liegen, bei der Speicherbandbreite auch nur zwischen 30 und 40 Prozent mehr bieten. Eine Radeon HD 4870 X2 wäre somit unmöglich zu schlagen, hierfür müsste man schon mindestens 80 Prozent mehr Rechenleistung und Speicherbandbreite ansetzen.

Andererseits passen die übrigen Angaben haargenau auf diese nur geringe Mehrleistung: Die Die-Größe von 205 mm² deutet – wenn der RV770-Chip in 55nm seine 256 mm² groß ist – nicht auf deutlich mehr Ausführungseinheiten hin, sondern eher auf eine sehr knappe Kalkulation bei den Hardware-Einheiten. Und zum anderen ist die Halbierung des Stromverbrauchs zum Vorgänger-Chip RV770 auch nur dann zu erreichen, wenn man das kleinere Fertigungsverfahren vorwiegend zum Stromsparen nutzt – und nicht für mehr Ausführungseinheiten oder deutlich mehr Takt (was beides möglich wäre).

Richtig Sinn macht das ganze zudem, wenn man sich die Sache mit dem Multi-Chip-Modul-Verfahren ansieht, mittels welchem Grafikchips gemeinsam auf ein Trägermaterial gepresst werden: Denn dieses bedingt zwingend Grafikchips mit einer vertretbaren Verlustleistung. Bei einer Radeon HD 4870 X2 ist dies noch nicht relevant, weil beide Grafikchips räumlich etwas voneinander entfernt nur auf demselben Grafikboard liegen und vor allem jeweils über eine eigene Kühlkonstruktion verfügen. Legt man aber zwei Grafikchips aber auf dasselbe Trägermaterial und unter denselben Heatspreader, so muß plötzlich ein Kühler die Leistung beider Grafikchips auf einmal bewältigen können.

Und hierbei sind von der Kühltechnik her natürlich Limits gesetzt: Mehr als 200 Watt dürften derzeit kaum möglich sein – was sich bei zwei Grafikchips demzufolge auf diese verteilen muß. Insofern ist durchaus zu erwarten, daß ein RV870-Chip bezüglich der Stromaufnahme klar unterhalb dessen liegt, was derzeit ein RV770-Chip zieht – bzw. so, daß selbst zwei RV870-Grafikchips nicht deutlich mehr als derzeit ein RV770-Chip verbraucht. Somit passen die vorstehenden Angaben wirklich sehr gut zueinander – und der RV870 wird damit aber auch zu einem Grafikchip, wo ATI noch viel verstärkter auf MultiChip-Varianten zu gehen scheint als bisher.

Dies dürfte dann sicherlich auch einhergehen mit einer weiteren Verbesserung der MultiChip-Technologien bzw. der weiteren Beseitigung der bekannten Schwächen dieser. Genau an diesen – bislang unbekannten Punkten – wird sich dann aber auch entscheiden, ob ATI mit diesem neuen Weg Erfolg haben wird. Denn so interessant das Multi-Chip-Modul-Verfahren aus Produktionssicht ist, für den Käufer wird letztlich nur zählen, wieviel Performance die DualChip-Grafikkarte aus ihren zwei Grafikchips zieht und welche Probleme die angewandte MultiChip-Technologie mit sich bringt. Insofern besteht derzeit noch keinerlei Anlaß, daß Multi-Chip-Modul-Verfahren per se hochzujubeln – ATI muß erst noch beweisen, daß man damit etwas besseres auf die Beine stellt als einfach das jetzt schon mögliche Verbinden zweier Grafikkarten per CrossFire.

Herausfinden werden wir dies dann wohl im zweiten Quartal 2009, wobei die RV870-Launchdatierung derzeit wild zwischen Ende erstes Quartal 2009 bis Sommer 2009 schwanken. Insbesondere der frühere Termin würde etwas überraschen – und gleichzeitig die Möglichkeit offenlassen, daß ATI über das Jahr 2009 dann noch mit einem weiteren 40nm-Chip mit deutlich mehr Hardware-Einheiten nachlegt. Denkt man diese Variante weiter, wäre es sogar möglich, daß der RV870 noch kein Direct3D11 enthält, sondern daß dieses erst mit einem später im Jahr 2009 erscheinenden Grafikchip eingeführt wird – dann wäre der RV870 faktisch nur ein RV770-Refresh. Derzeit sind in dieser Richtung jedoch noch viele Möglichkeiten offen, hier bleibt derzeit nichts anderes als abzuwarten auf genauere Informationen.